Der Projektkurs „Verfolgungsgeschichte(n)“ war letzte Woche in der Gedenkstätte Buchenwald. Neben mehreren Rundgängen über den historischen Ort hatten unsere Schüler:innen die Möglichkeit, zu selbst gewählten Fragestellungen in Literatur und Ausstellungen zu recherchieren, an archäologischen Ausgrabungen teilzunehmen, sich aktiv in die Arbeit der Restaurierungswerkstatt einzubringen oder Erhaltungsarbeiten auf dem Gelände des ehemaligen Häftlingsbereichs durchzuführen. Außerdem standen ein Besuch der Stadt Weimar auf dem Programm, der noch einmal die zahlreichen Verflechtungen zwischen Konzentrationslager und der Stadt Weimar aufzeigte, sowie ein Spaziergang auf der sog. Zeitschneise zu Schloss Ettersburg, der dazu anregte, die Nähe von Kultur und Verbrechen zu reflektieren.
Ausführlicher Bericht des Kurses:
Pflegearbeiten am Jüdischen Mahnmal (Maren Haaser)
Da es aufgrund des Wetters noch zu nass für die Ausgrabung war, meldeten sich einige von uns freiwillig, um Unkraut am Jüdischen Mahnmal zu entfernen. Dazu holten wir uns natürlich Eimer und Werkzeug und fingen an, die kleinen Pflanzen aus der Erde zu ziehen. Man konnte genau sehen, dass an der Stelle vor dem Mahnmal häufig Besucherinnen und Besucher stehen und entlanglaufen, denn dort war so gut wie kein Unkraut. Doch in den kleineren Ecken des Bereichs und an den Rändern gab es einiges zu tun, damit es wieder ordentlich aussah. Diese Pflegearbeit hat uns allen verdeutlicht, wie wichtig sie ist, da sonst alles zuwuchert. Außerdem ist die Mahnmalpflege auch ein Zeichen des Respekts den Opfern und ihren Angehörigen gegenüber, um zu zeigen, dass man ihrer gedenkt und sich auch um dieses Mahnmal kümmert.
Das Bordell im Konzentrationslager Buchenwald (Roman Shipilin)
Im Lagerbordell zwang die SS ab Juli 1943 weibliche Häftlinge aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück zur Prostitution. Den Frauen wurden eine bessere Verpflegung sowie eine frühere Entlassung versprochen, jedoch wurden diese Versprechen nicht eingehalten. Die sexuelle Ausbeutung der Frauen sollte die Produktivität der männlichen Häftlinge steigern. Der „Häftlings-Sonderbau“, wie die SS das Bordell nannte, sah anders aus als die herkömmlichen Baracken und wurde mit Gardinen und Blumen eingerichtet. Die Frauen wurden für mindestens zwei Stunden am Tag zwangsprostituiert und diese zwei Stunden wurden aufgeteilt auf acht bis zwölf Männer. Eine Frau beschrieb diese zwei Stunden in einem Interview als ,,Höllen-Stunden“. Viele Frauen konnten der Ausbeutung nicht standhalten und versuchten sich das Leben zu nehmen. Wir haben uns entschieden über das Bordell zu berichten, weil das Thema kaum bekannt ist. Ein weiterer Punkt, der uns dazu gebracht hat, darüber Auskunft zu geben, ist, dass die Frauen nach Kriegsende lange nicht als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt wurden.
Bericht aus der Restaurierungswerkstatt (Karina Schwarz)
Am 14. September hatten wir, eine Gruppe von fünf Schülerinnen und Schülern, die Gelegenheit, den Vormittag in der Restaurierungswerkstatt für die Erfassung und den Erhalt archäologischer Fundstücke aus dem ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald zu verbringen. Dieses eindrucksvolle Erlebnis hat uns Geschichte nicht nur erfahrbar machen lassen, sondern auch die faszinierende Welt der Freilegung und Restaurierung näher gebracht.
Der Tag begann um 09:00 Uhr mit einer einer Einführung von Stefanie Masnick, einer erfahrenen Restauratorin, die uns einen Überblick über die Thematik verschaffte. Sie stellte uns die verschiedenen Arbeitsgeräte vor, die in einer Restaurierungswerkstatt verwendet werden, darunter Sandstrahler mit Glasperlengranulat, Fräsen, Wattestäbchen und ein Gemisch aus Wasser und Ethanol.
Nach der Einführung durften wir uns ein Objekt auswählen, das wir restaurieren wollten. Ich entschied mich für einen alten Milchtopf, der zufällig von einer Besucherin in der Nähe der Breitscheid-Gedenkstätte gefunden und der Gedenkstätte übergeben wurde. Bevor wir mit der eigentlichen Restaurierung begannen, wurden alle ausgewählten Objekte sorgfältig fotografiert, um ihren ursprünglichen Zustand zu dokumentieren.
Frau Masnick unterstützte uns Schüler:innen während des gesamten Prozesses und erklärte uns Schritt für Schritt, wie die Restaurierung durchgeführt werden sollte. Der Vorgang der Restaurierung meines Milchtopfs begann damit, dass ich den Sandstrahler mit Glasperlengranulat verwendete, um großflächige Verschmutzungen und Rost zu entfernen. Anschließend arbeitete ich mit einer Fräse, um restlichen Schmutz und verdickte Stellen sorgfältig zu entfernen.
Der nächste Schritt bestand darin, den Milchtopf mit Wattestäbchen und einem Gemisch aus Wasser und Ethanol gründlich zu reinigen. Dies erforderte viel Geduld und Sorgfalt, da ich sicherstellen musste, dass der Topf wieder in seinem bestmöglichen Zustand erscheint.
Nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten haben wir den Gegenstand erneut fotografiert und alle Schritte und Details in einem Ordner festgehalten. Dies diente dazu, die Veränderungen und den Prozess der Restaurierung zu dokumentieren.
Unser Tag in der Restaurierungswerkstatt endet um 13 Uhr, und er hinterließ einen bleibenden Eindruck. Wir haben nicht nur wertvolle Einblicke in die Geschichte des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald erhalten, sondern auch die Bedeutung der Erhaltung von Fundstücken schätzen gelernt. Dieses Erlebnis wird uns sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben.
„Abgehärtet werden“ ? (Jana Dung)
Der Besuch in der Gedenkstätte Buchenwald war ein sehr besonderes und lehrreiches Erlebnis. Was uns und anderen Schülerinnen und Schülern auffiel, ist ein Gefühl‚ das sich schwer beschreiben lässt. Am besten kann man dieses Gefühl an einem Beispiel beschreiben: An den ersten Tagen herrscht auf dem gesamten Gelände eine große Stille; im Laufe des Besuchs werden die Schüler immer lauter: Man „gewöhnt“ sich an die bedrückende Umgebung und die damit einhergehenden Gefühle. Auch Filme mit oft sehr brutalen Darstellungen, tragen einen Teil zu dem Gefühl des „abgehärtet Werden“ bei. Die persönlichen Geschichten der einzelnen Häftlinge sind natürlich immer wieder erschreckend, doch auch hier „gewöhnt“ man sich leider an die erwähnte Gewalt. Deshalb ist es sehr wichtig, auch über dieses Gefühl zu schreiben und sich nicht dafür zu schämen.